Dr. Oliver Lautersack
Das Team der tierärztlichen Klinik hat immer ein Ziel: die optimale Behandlung tierischer Patienten.
Die meisten Hündinnen sind heute kastriert. Die Gründe sind sehr vielschichtig: Neben Haltungsaspekten und der Angst vor ungewollten Trächtigkeiten sind in vielen Fällen medizinische Gründe für die Entscheidung zur Kastration ausschlaggebend.
40% aller Tumore der Hündin betreffen die Gesäugeleiste. Neben gutartigen Tumoren kommen dabei vor allem Mischtumore mit gut- und bösartigen Anteilen sowie in etwas geringerem Maß bösartige Gesäugeleistentumore vor. Die Prägung, ob sich die Zellen der Gesäugeleiste einmal tumorös verändern, erfolgt in der Jugend und ist hormonabhängig. Daher kann man mit der „Frühkastration“ vor der ersten Läufigkeit eine Reduktion der Mammatumorinzidenz auf etwa 1% erreichen, was in etwa der Häufigkeit der Gesäugetumore des Rüden entspricht. Nach der 3. Läufigkeit ist die „Programmierung“ der Zellen vorüber, so dass man durch eine Kastration zu diesem Zeitpunkt keinen Einfluss mehr auf die Mammatumorhäufigkeit nehmen kann.
Über lange Zeit galt die „vollständige“ Kastration der Hündin als das Standardverfahren (Entfernung von Eierstöcken und Gebärmutter, sog. Ovariohysterektomie). Inzwischen konnte durch große Studien gezeigt werden, dass die alleinige Entfernung der Eierstöcke die gleichen Langzeitergebnisse hat (Ovarektomie). Die verbleibende Gebärmutter bildet sich zurück und wird inaktiv, die hormonelle Aktivität gleicht sich bei beiden Verfahren. Vorteile der Ovarektomie (Entfernung der Eierstöcke, Gebärmutter wird nicht entfernt) sind ein geringeres Operationstrauma und eine geringere Komplikationsrate.
Durch minimalinvasive Verfahren ist es heute möglich, die Hündin zu kastrieren, ohne dafür die Bauchdecke eröffnen zu müssen. Bei der endoskopischen Kastration blickt man über eine Kamera in den Bauch hinein und „arbeitet“ über 2 Arbeitskanäle von je etwa 5 mm.
Abb. 1: Endoskopisches Bild in die Bauchhöhle. Der Eierstock ist mit einer kleinen Zange gegriffen und angehoben. Grüner Pfeil: Eierstock und blauer Pfeil: Gebärmutter
Abb. 2: Blick an die selbe Stelle nach Entfernung der Gebärmutterhornspitze und des Eierstocks. Die Luft in der Bauchhöhle sowie die Vergrößerung durch die Kamera erlauben eine exzellente Kontrolle von kleinen Nachblutungen. Grüner Pfeil: Rest des Gebärmutterhorns.
Abb. 3: Wurden früher 3 Zugänge zur Bauchhöhle angelegt, durch moderne Instrumente und Techniken werden heute jedoch nur noch 2 kleine Zugänge gelegt. Diese sind mit ca 1 cm beide sehr klein und verursachen nach dem Eingriff üblicherweise keinen Wundschmerz. Ein Wundschutz ist in der Regel nicht notwendig. Die Bauchdecke ist sofort nach der Operation wieder belastungsfähig, so dass der postoperative Leinenzwang nicht notwendig ist.
Nachteile gegenüber der herkömmlichen Kastration (Ovarektomie oder Ovariohysterektomie) bestehen nicht.