


Die Mitralklappenendokardiose

Kaninchen Bunny wird uns im Notdienst vorgestellt. Sie ist ein Farbenzwerg und knapp 11 Monate alt, sowie unkastriert. Seit ein paar Tagen fällt der Besitzerin auf, dass Bunny Probleme hat sich im Genitalbereich sauber zu halten. Als Bunny dann die Futteraufnahme einstellt und die Besitzerin sie zum Päppeln herausnimmt, stellt sie fest, dass irgendetwas im Genitalbereich heraushängt. Sie wird mit Bunny im Kreisnotdienst vorstellig. Dort wird ein Vaginalprolaps diagnostiziert und zu uns in die Klinik zur operativen Versorgung überwiesen.
In der klinischen Untersuchung zeigt sich das Kaninchen bei gutem Allgemeinbefinden, die Vitalparameter liegen im Normbereich, abgesehen von einem Vaginalprolaps über ca. 2 cm mit blutig-roter teils dunkelrot verfärbte Schleimhaut (Abb. 1). Es erging der Rat zur Sonographie des Abdomens und dann zur chirurgischen Versorgung. Aufgrund der erhöhten Kosten in Notdienst entschieden sich die Besitzer gegen eine taggleiche Behandlung, stimmten aber einer OP am Folgetag zu. Das Kaninchen wurde bis zur OP mit Schmerzmittel (Meloxicam) und Antibiose (Enrofloxacin) sowie einem Halskragen (gegen Automutilation) abgedeckt.
Auf präoperative weiterführende Diagnostik wurde auf Besitzerwunsch verzichtet; der Prolaps wurde in die Vagina zurückverlagert. In der Operation stellte sich der Uterus altersentsprechend normal dar, die Blase lag weit im Becken und war in sich gestülpt. Eine Ovariohysterektomie wurde durchgeführt. Der herniierte Blasenanteil wurde ausmassiert. Der craniale Blasenpol war nekrotisch und perforiert, die Ureteren beidseits intakt, nicht gestaut und außerhalb des nekrotischen Teils liegend. Es erfolgte eine Resektion des nekrotischen Gewebes im Gesunden, wodurch es zu einem Verlust von ca. der Hälfte des Blasenvolumens kam. (Abb. 2-4) Die Harnblase wurde nach einer Dichtigkeitsprüfung links lateral der Linea alba pexiert um einem Rezidiv vorzubeugen.
Die Narkose sowie die Aufwachphase waren komplikationslos. Da es im Rahmen der Blasenherniation häufig zu einer Stauung der Harnleiter und der Nierenbecken kommt, haben wir eine Blutuntersuchung (Nierenparameter) durchgeführt. Erfreulicherweise war diese ohne besonderen Befund. Auch die Ultraschallkontrolle vor Entlassung war ohne besonderen Befund. Bunny konnte am Folgetag der Operation bei gutem Allgemeinbefinden, eigenständiger Futteraufnahme und komplikationslosem Urinabsatz entlassen werden. Die bakteriologische Untersuchung ergab einen mäßigen Gehalt an Enterokokken, der gegenüber der gewählten Antibiose sensibel waren. Der weitere Heilungsverlauf war ebenfalls komplikationslos und der Urinabsatz ist weiterhin ungestört.
Diagnose: transurethrale Blasenherniation
Die transurethrale Blasenherniation beim Kaninchen ist eine seltene Erkrankung, bei der sich die Blase über die Harnröhre durch die Vagina nach außen stülpt, wodurch die Schleimhaut freigelegt wird. In Bunnys Fall ist es bereits zu einer Beschädigung der Harnblasenwand gekommen, weshalb ein Teil der Harnblase operativ entfernt werden musste. Um einen erneuten Vorfall zu vermeiden, wurde die Harnblase an der Bauchwand (links neben der Linea alba) fixiert. Gehäuft tritt dieses Krankheitsbild direkt nach der Geburt von Jungtieren auf. Ein hormoneller Einfluss, der zu einer Lockerung des Harnblasensphincters sowie der Haltebänder der Blase führt, wird neben den veränderten intraabdominalen Druckverhältnisse um die Geburt herum als Ursache vermutet. Lediglich ein Fall eines weiblichen Kaninchens ist beschrieben, bei dem keine Trächtigkeit voraus ging; auch hier handelte es sich um ein unkastriertes Weibchen.
Weitere Ursachen die für eine transurethrale Blasenherniation diskutiert werden: Anatomische Anomalien, Trauma (Schädigung der Blase), Druckerhöhung im Bauchraum (z. B. Übergewicht, Aufgasung, Tumore etc.), Entzündliche Erkrankungen sowie Tumoren oder Zysten der Blase
Auch wenn die genaue Ursache bei Bunny ungeklärt bliebt, wurde einem Rezidiv durch die Fixation der Blase und die Kastration vorgebeugt.
Die Prognose ist als sehr gut anzusehen.
Abb. 1: Prolaps bei Erstvorstellung
Abb. 2: nekrotisierter Harnblasenanteil
Abb. 3: Perforation des cranialen Blasenpols
Abb. 4: verbliebener Harnblasenanteil nach Dichtigkeitsprüfung